Eine hohe Fluktuation ist für Unternehmen nicht nur ein erheblicher Kostenfaktor, sondern kann sich langfristig negativ vor allem auf das Image und das Know-How eines Unternehmens auswirken. Daher haben im strategischen HR-Management Maßnahmen zur langfristigen Mitarbeiterbindung und zur Förderung der Mitarbeiterloyalität schon seit geraumer Zeit Hochkonjunktur.
Doch warum ist trotz all dieser Maßnahmen die Fluktuation in einigen Branchensegmenten und Betrieben überdurchschnittlich hoch, während in anderen Organisationen der Personalbestand über Jahrzehnte hinweg konstant und wenig volatil ist? Dieser und weitere Fragen rund um das Thema Fluktuation gehen wir mit unserem eigens dafür entwickelten GKES Flukt-O-Meter nach.
GKES erhebt das Branchen Flukt-O-Meter zur Messung von Wechselmotiven und Fluktuation
- MEHR: Weiterentwicklung als treibend Kraft- mehr Geld, mehr Brand, mehr Verantwortung, mehr Titel
- Impact & Sinn: Was bewegen wollen und dürfen
- Prophylaxe: So können Sie Ihre Talente halten
Die Unzufriedenheit im Job steigt und damit auch die Fluktuation.
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Das ist der Startschuss für das GKES Flukt-O-Meter, eine dynamische Erhebung zur Wechselmotivation unter einer stetig wachsenden Anzahl an Fach- und Führungskräften aus der Finanzindustrie, mit denen wir tagtäglich sprechen. Konkret stellen wir die Frage: „Warum würden Sie Ihren bzw. warum würdest Du Deinen Arbeitgeber verlassen?“
Die Erhebung gibt Antwort auf gleich zahlreiche Fragen und auch Trends, die in den Köpfen und Bäuchen vieler Arbeitnehmer wachsen. Warum kehren Arbeitnehmer ihren Arbeitgebern den Rücken? In welchen Segmenten ist die Fluktuation am größten, der Schaden erheblich und was können Arbeitgeber tun, um gegen zu steuern, damit Talente bleiben? Die Auswirkungen können fatal sein. Gerade in Personal intensiven Branchen – wie etwa im Beratungsumfeld – kann die falsche Strategie den Verlust eines gesamten Geschäftszweigs bedeuten oder auch das Ende einer Unternehmung. Recruitingkosten lassen sich bei den richtigen Schlussfolgerungen allemal einsparen und dem Employer Branding hilft es ebenfalls.
Die größte Kraft für einen Wechsel – so unsere Erhebung aus über 500 Bewerbungsgesprächen – ist die Weiterentwicklungsmöglichkeit. Mehr Geld, ein höherer Rang, mehr Verantwortung – regional, thematisch, Umsatzverantwortung oder Teamstärke. Das ist die Haupttriebfeder, die Arbeitnehmer bewegt, ihren Job zu wechseln.
Das klingt so überhaupt nicht nach Generation Y, sondern eher nach einer traditionellen Größe. Und so ist es. Nur sollten Arbeitgeber ihre Hausaufgaben machen, wenn es darum geht, hinter die Fassade zu schauen. Denn genau dort kommen die tieferen Beweggründe zum Vorschein. Das „Nicht-mehr-um-jeden Preis-arbeiten-wollen-bis-der-Arzt-kommt“, das „Was-bewegen-wollen“ und das „Verstanden-werden-wollen“.
Mit Weiterentwicklung hohe Fluktuation vorbeugen
Unsere Erhebung hat ergeben, was Peter Drucker nicht gesagt hat – „Culture eats Strategy for Breakfast.“ Schauen wir mal genauer hin. Aus dem Bewerbungsgespräch heraus auf die Frage: „Warum würden Sie Ihren Arbeitgeber verlassen?“, haben wir das folgende Ergebnis ausgemacht:
Von allen Gesprächen die wir führen, ist einer der Hauptgründe seinen Arbeitgeber zu wechseln, ist der Wunsch nach Weiterentwickelung / Kultur (63%), so unser Ergebnis aus den zahlreichen Gesprächen. Interessanterweise ist der Wunsch nach Weiterentwicklung / Kultur bei Männern und Frauen gleich stark ausgeprägt.
Wir stellen fest, dass sich der Spitzenwert „Weiterentwicklung / Kultur“ zugunsten von anderen mindert, wenn das Vertrauensverhältnis zwischen Personalberater und Bewerber/in steigt. Arbeiten wir zunächst einmal mit den Werten, die wir erhoben haben. Mehr davon: Titel, Geld, Verantwortung, Beförderung, Kultur. Spitzenarbeitgeber haben ihre Brand und eine mitunter psychologisch aufgepumpte Marge, die es ihnen erlaubt, Gehälter über dem Durchschnitt zu zahlen. Ob Verantwortung dazu kommt, ist Ansichtssache, während ein höherer Titel in aller Regel nicht verschenkt wird, nicht zuletzt, weil man als Top-Arbeitgeber in Sachen Titelvergabe den Markt diktiert.
Wenn wir eine Unterscheidung zwischen Beratungsgesellschaften und Unternehmen treffen, wird deutlich, dass die Reisetätigkeit bei Consulting Unternehmen eine höhere Rolle spielt. 18% der Mitarbeiter eines Consulting Unternehmens geben die Reisetätigkeit als Wechselgrund an, wohingegen die Mitarbeiter außerhalb dieser Branche kein Problem mit der Reisetätigkeit haben (7%).
Bei dieser Unterscheidung ist uns ebenfalls aufgefallen, dass für Consultans der Faktor Work-Life Balance wichtiger zu sein scheint als anderen Arbeitnehmern. Die Work-Life Balance in Bewerbungsgesprächen zu thematisieren wird zwar immer noch ungern gesehen, aber zumindest beginnt man auf Arbeitgeberseite sich intensiver damit auseinanderzusetzen.
Impact & Sinn: Etwas bewegen wollen und dürfen
Als einen maßgeblichen Grund, warum Top-Talente zu Start-Ups oder Technologieunternehmen streben, sehen wir, dass diese dort Karriere-Geschwindigkeit entlang hoher Wachstumsraten vermuten und eine klare Visibilität der eigenen Arbeitsleistung; dies als attraktive Alternative zu den „Engine-Rooms“ bei großen Beratungsgesellschaften und mitunter reputativ angeschlagenen Investmentbanken. Letztere locken zudem nicht mehr jeden an, weil der Bonus die Work-Life-Balance mitunter nur noch bedingt ausgleicht.
Wer etwas bewegen kann, etwas wachsen sieht, sowie daran einen aktiven Anteil hat, gewinnt Zufriedenheit. Vielleicht ist das derselbe Effekt, der Millionen Männer im Frühling in die Baumärkte treibt, um sich anschließend ein Denkmal zu setzen. Die Wechselmotivation, weg vom Dienstleister, hin zum Corporate oder zum Private Equity- bzw. Beteiligungsunternehmen beinhaltet darüber hinaus herkömmliche Anziehungskräfte: Hier lädt man nicht zum Essen ein, hier wird man eingeladen. Unmittelbar an Entscheidungen mitzuwirken, „eigenes“ Geld zu investieren, statt Marktteilnehmer dabei zu beraten oder beraten zu dürfen, birgt für viele Top-Talente zu wenig Sinn, der dabei hilft, morgens nach einem 14 Stunden Tag aufzustehen.
Top-Strategieberatungen wie etwa McKinsey oder Oliver Wyman gelingt es zugegeben sehr gut, ihre Talente zu halten. Hier stimmt die Perspektive, die Gehaltsentwicklung, die Loyalität ist recht stark ausgeprägt und das attraktivere Angebot rar – so zumindest die Erfahrungen aus zahlreichen Gesprächen mit eben diesen Consultants. Aber auch einige Investmentbanken schaffen es ihre Fluktuation gering zu halten. Als Hauptgründe haben wir vor allem erfolgreiche, sozial kompetente Manager ausgemacht, die nicht nur im Investment Banking selten sind.
Junge Talente, aber auch erfahrenen und nicht „für diesen Job geborenen“ Arbeitnehmern ist es zu einseitig, in teuren Anzügen Marketingmaterial vorzubereiten und zu präsentieren. Für die Entwicklung komplexer, intelligenter Strukturen, die den meisten Spaß an diesem Job versprechen, fehlt in stark von Opportunismus geprägten Märkten häufig die Zeit.
Unzufriedenheit bestärkt die Mitarbeiter sich auf die zeitintensive Jobsuche zubegeben.
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Prophylaxe: So können Sie Ihre Talente halten
Ändern Sie Ihr Geschäftsmodell, schaffen Sie die spießige Kleiderordnung ab (ob Sie es glauben oder nicht, aber ich hatte diese Zeilen schon geschrieben, bevor JP Morgan die Kleiderordnung gelockert hat – http://www.wiwo.de/erfolg/management/smart-casual-bei-jp-morgan-bleibt-die-krawatte-zu-hause/13693664.html,) hinterfragen Sie Arbeitsanweisungen kritisch und denken Sie nicht immer nur an die eigene Gewinn- und Machtmaximierung. So dauert es vielleicht etwas länger, bis der Rubel rollt, aber dafür sehen Sie etwas wachsen. Ich glaube nicht an die Abschaffung traditioneller Pfründe einer gesamten Branche, nur verwässern sie in meinen Augen zu langsam.
Wer etwas Druck rausnimmt, beugt hoher Fluktuation vor, braucht seltener einen Headhunter und wer hin und wieder mal seine eigenen Fehler reflektiert, findet vielleicht den entscheidenden Hebel. Gefährlich wird es für Organisationen häufig, wenn Wachstum Vorrang vor der richtigen Entscheidung für einen Manager, der auch in der Lage ist, Menschen zu führen, hat. Zu schnell entsteht aus der neu gewonnenen Freiheit, die auch bedeuten kann, weniger Direct Reports zu haben, ein Bumerang und zahlreiche Kündigungen verursachen Kosten, eine schlechte Stimmung und einen saftigen Reputationsschaden.
Hier ist unseres Erachtens einer der Hauptgründe zu finden, warum auch vermeintlich attraktive New Economy Unternehmen zahlreiche Ex-Mitarbeiter zu beklagen haben. Keine einfache Aufgabe, zugegebenermaßen, weil in Personal intensiven- und in erster Linie hierdurch wertschöpfenden Unternehmen eben auch nicht jeder machen kann, was er will und am besten nur das, was Spaß bringt. So sind Arbeitgeber gut beraten, die Antwort auf die Frage nach durchschnittlichen Wochenarbeitszeiten im Bewerbungsgespräch vielschichtig und intelligent zu beantworten und Worten Taten folgen zu lassen.
Belastbares Erwartungsmanagement kann helfen, Talente im Unternehmen zu halten. Lassen Sie Bewerbungsgespräche also besser diejenigen Ihrer Mitarbeiter führen, die das Format haben, diese führen zu können. Als hilfreich erwiesen hat sich unseres Erachtens auch, regelmäßige Mitarbeitergespräche zu führen. Wir tun das spätestens alle zwei Wochen, so lange bis im Idealfall kein Blatt Papier zwischen Manager und Mitarbeiter passt. Gegenseitige Erwartungen werden so klarer und zeitnah formuliert und mal ehrlich – Unternehmen, die ihre Reviews nur einmal im Jahr machen – das kann doch nur schiefgehen …