Was hat sich im Personalbereich, besonders im Recruiting, die letzten Jahre getan und was wird noch passieren? Einschätzungen, Ausblicke und weitere Antworten verschafft uns Marc Kaiser – Head of Human Resources & Organisation Aquila Capital.
Was hat Sie bewogen, in den Personalbereich zu gehen und dort zu bleiben?
Marc Kaiser: Während meines Studiums in den 90er Jahren, mit dem Schwerpunkt Personalwesen, gab es einen Dozenten, der mich dazu inspiriert hat. Durch ihn fing ich an, mich wirklich inhaltlich mit der Thematik zu beschäftigen.Zu dem Zeitpunkt steckte das Feld Personalwesen ja quasi noch in den Kinderschuhen. Die letzten 20 Jahre ist es enorm gewachsen und hat an Tools und Möglichkeiten gewonnen.
Es begeistert mich, dass es weiterhin darum geht Menschen zu begleiten, auch in anderen Ländern der Welt. Arbeitet man international, verändern sich lediglich Kultur und Vorschriften, vieles folgt gleichen Mustern.
Wir arbeiten mit Menschen. Da kann einiges passieren. Gibt es eine lustige Geschichte, die Sie mit uns teilen möchten?
Marc Kaiser: Ja, bei meinem ersten Arbeitseinsatz in Russland hielt ich eine Rede vor über 50 Mitarbeitern. Dafür habe ich meine Rede mit Hilfe von Google Translator übersetzt und mit dem Ergebnis alle im Raum zum Lachen gebracht, was ich zunächst gar nicht verstanden habe. Das Eis war auf jeden Fall gebrochen und für die Zukunft hatte ich gelernt, Reden auf einer mir fremden Sprache nochmal genauer zu überprüfen.
Zurück zum Geschäft. Was unterscheidet Personalarbeit und auch Recruiting vor 10 Jahren von unserem Job heute?
Marc Kaiser: Zum einen ist natürlich die Digitalisierung ein wichtiger Punkt. Technik hat das Recruiting fundamental geändert und das stärker als alle Veränderungen davor zusammen. Dabei gilt für alles: Man ist nur erfolgreich im HR Bereich, wenn man alle Instrumente einsetzen kann. Die neue Technik kann „enablen“ oder „disablen“.
Außerdem sind bei Projekten Ländergrenzen kein Hindernis mehr. Über 50 % neuer Mitarbeiter werden international rekrutiert. Da gegenüber Deutschland in anderen Ländern die „Time to Hire“ kürzer ist, braucht die Besetzung einer neuen Stelle inklusive Suchzeit dadurch teilweise nur noch drei Monate. Vor nicht allzu langer Zeit hat das vereinzelt ein bis zwei Jahre gedauert.
Was sind Ihres Erachtens die größten Herausforderungen bei der Rekrutierung neuer Mitarbeiter?
Marc Kaiser: Herauszufinden, ob ein Kandidat zu der Position und dem Unternehmen passt. Man steht heute vor der Herausforderung, dass ein Kandidat zwischen vielen Angeboten wählen kann. Es heißt: Get the right person into the right company. Passt es unternehmenskulturell? Identifiziert sich der Kandidat mit den Werten des Unternehmens? Passt diese Position? Die Kandidaten wollen die Perspektiven der Firma kennen und die Vergütung allein steht nicht mehr so im Vordergrund, wie das vor ein paar Jahren der Fall war. Das Thema „Zukunft“ spielt für Kandidaten eine bedeutende Rolle. Transparenz des Unternehmens ist hierbei besonders wichtig.Auch sollte der Faktor Social Media nicht unterschätzt werden. Die heutigen Social-Media-Kanäle und Tools ermöglichen es, bestehenden und zukünftigen Mitarbeitern Unternehmensentwicklungen und -werte zu vermitteln und greifbarer zu machen.
Was müssen Unternehmen auf der einen und Personalberater auf der anderen Seite heute tun, um im Wettbewerb zu bestehen?
Marc Kaiser: Personalberater vertreten ihre Kunden nach außen. Sie treten als erstes an die Kandidaten heran. Es ist wichtig, dass dabei in der Schnelllebigkeit nichts verloren geht und die Kandidaten regelmäßig Rückmeldung über den aktuellen Stand ihres Bewerbungsprozesses bekommen. Dafür müssen Unternehmen und Personalberater gut zusammenarbeiten.
Und auch hier ist es wieder unerlässlich, mit der Zeit zu gehen. In Deutschland sind viele Personalberater zu spät in das Active Digital-Sourcing eingestiegen. Unternehmen wie Aquila Capital benötigen Berater, die alle Möglichkeiten ausschöpfen und so passende Kandidaten finden können.
Worauf achten Sie vor Einstellung eines Kandidaten ganz besonders?
Marc Kaiser: Man muss die Historie eines Lebenslaufs verstehen. Welche „Learnings“ stecken hinter den Erfahrungen? Was, wann, warum? Welches Potential und welche Fähigkeiten weist der Kandidat auf und wie lassen sich diese gewinnbringend im Unternehmen einbringen? Dabei sind es besonders die intuitiven Faktoren, auf die es ankommt, welche in den letzten Jahren auch stark an Bedeutung gewonnen haben.
Es wird viel geschrieben, aber einiges scheint an den Haaren herbeigezogen. Welche Trends sehen Sie in unserem Geschäft und was glauben Sie, wo das hinführt?
Marc Kaiser: Sehr bedeutend ist mittlerweile das Gesundheitsmanagement, das „Wellbeing“ der Mitarbeiter. Was können wir dafür tun? Ich setze besonders auf Früherkennung und Vorsorge, sowie die Unterstützung dabei durch eine digitale Plattform.
Außerdem ist für Kandidaten und auch Mitarbeiter die persönliche Weiterentwicklung, das „Professional Development“, von hoher Bedeutung. Wir müssen ihnen zeigen, was sie bei uns lernen und wie sie bei uns individuell wachsen können. Nicht nur Großkonzerne müssen ihre Development-Programme weiterentwickeln, um Mitarbeiter zu halten.
Hier geht es zum ersten Teil unserer Interviewreihe: